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Dr. Brigitte Mohn

Vorstandsmitglied Bertelsmann Stiftung und Impact Investorin

Innovationsprozesse sind die Grundlage für Wettbewerbsfähigkeit. Darüber hinaus sind sie nötig, um die größten Herausforderungen unserer Gesellschaft zu lösen. Nur durch soziale und technische Innovation können wir beispielsweise den nachhaltigen Systemwandel ermöglichen und beschleunigen, um die Klimakatastrophe rechtzeitig abzuwenden. Doch dafür müssen Innovationsprozesse mit einem ethischen Rahmen verbunden sein.  Das heißt, Innovationen dürfen keinem Selbstzweck unterliegen, sondern sollten stets mit dem Ziel der gesellschaftlichen Problemlösung verknüpft sein.  

 

Angesichts der drängenden Biodiversitäts- und Klimakrisen müssen wir die Entwicklung und Skalierung von missionsorientierten Innovationen weiter beschleunigen. Dazu bedarf es auch Sprunginnovationen, die ein Fundament bilden können, um große Herausforderungen zu lösen. Unbedingt erforderlich ist es, Ergebnisse aus der Forschung und Entwicklung schneller, strategischer und zielgerichteter in die Umsetzung zu bringen. Es braucht hier eine nationale und auch europäisch abgestimmte Politik mit klaren innovationspolitischen Zielen, um die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen.  

 

Mit Blick auf die Finanzierungsseite brauchen wir dabei nachhaltige, transeuropäische Förderungs- und Finanzierungsansätze. Die Finanzmärkte müssen mittelfristig weg von der kurzfristigen Profitmaximierung und hin zu einem langfristig ausgerichteten, nachhaltigen Investitionsverständnis, dem nicht nur eine rein monetäre Bewertung zugrunde liegt. Seit Jahren unterstütze ich dieses neue Denken. Ein Investitionsansatz, der bereits explizit eine über die Rendite hinausgehende Bewertung von eingesetztem Kapital umfasst, ist der des Impact Investings. Ich habe mich als Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung aktiv bei der Gründung der unabhängigen Global Steering Group for Impact Investment (GSG) unter damaliger Leitung von Sir Ronald Cohen eingebracht, um diesen Finanzierungsansatz auch in Deutschland bekannt zu machen. Unser Ziel ist es, Social Impact Bonds als neue Assetklasse für einen nachhaltigen Wandel einzuführen. So lassen sich beispielsweise komplementär zu unserem bestehenden Sozialsystem künftig innovative Ideen privat finanzieren und bei nachgewiesener Wirksamkeit über die öffentliche Hand gemeinwohlorientiert skalieren.  

 

Als Early Stage Impact Investorin versuche ich darüber hinaus mit meinem eigenen Investmentvehikel junge, innovative Unternehmen, die einen nachhaltigen Wirtschaftswandel vorantreiben, zu unterstützen. Denn: Aus meiner Kuratoriumsmitgliedschaft im Bundesverband Deutsche Startups e. V. kenne ich die herausfordernden Rahmenbedingungen für junge Unternehmen in Deutschland. Aus meiner Familiengeschichte heraus war es mir schon immer ein Anliegen, gesellschaftliche Probleme unternehmerisch zu lösen. Schwerpunkt meiner Investments sind Unternehmen, die sich für nachhaltige Veränderungen im Rahmen der SDGs einsetzen.  

 

Innovationsprozesse werden meiner Überzeugung nach erst dann langfristig erfolgreich sein, wenn sie partizipativ und sektorübergreifend entwickelt und implementiert werden. Dazu bedarf es des Austausches und der Vernetzung von Beteiligten aus der Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft. So unterstütze ich zum Beispiel das junge Unternehmen Ubuntoo, welches eine globale Plattform für Umweltlösungen zur Förderung eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums aufbauen möchte. Für mich ist es ein vielversprechender Ansatz, wie eine Gemeinschaft von innovativen Menschen aus dem akademischen, wissenschaftlichen und unternehmerischen Bereich gemeinsam aus einer Idee eine wertschöpfende und profitable Innovation für unsere Zukunft schaffen kann. 

 

Auch um die richtigen politischen Lösungen zu entwickeln, braucht es ein modernes Verständnis von Public-Private Partnership im Sinne von kollektiver Zusammenarbeit und den proaktiven Einbezug der Bevölkerung an Lösungsprozessen. Die Verantwortung und auch der Erfolg von Veränderungsprozessen muss auf viele Schultern verteilt werden, nur dann schaffen wir einen Systemwandel. Project Together hat mit dem im Sommer 2021 initiierten Open Social Innovation-Prozess „Update Deutschland“, der von der Bertelsmann Stiftung mit gefördert wurde und in den ich mich aktiv als Mentorin in den mehrmonatigen Umsetzungsprozess eingebracht habe, erfolgreich gezeigt, wie eine Umsetzung in die Praxis funktioniert. Dieser lieferte eine erste Blaupause dafür, wie Politik, Zivilgesellschaft und weitere Beteiligte an einem Strang ziehen können, um die Gesellschaft nach vorne zu bringen. Unter den vielen innovativen Ansätzen waren beispielsweise die Initiative „sofort-impfen“ zur schnelleren Vermittlung von Impfterminen in Deutschland, das Projekt „Mitwirk-O-Mat“, das Menschen darin unterstützt, das passende Ehrenamt in ihrer sozialen Umgebung zu finden oder mit dem Chatbot „Meta“ ein cleveres Tool, das einen barrierefreien Zugang zur Antidiskriminierungsberatung schafft. 

 

Die junge Generation ist besonders wichtig für Deutschlands Innovationspotential. Wir müssen die Menschen mit einbeziehen, welche die neue Führungskompetenz bilden und die Hebel für den Systemwandel bedienen werden. In der Bertelsmann Stiftung haben wir seit Jahren gemeinsam mit vielen Kooperationen themenfokussierte Beteiligungsformate wie „Jungbewegt“, „Kinder.stiften.Zukunft“ oder „EngagierteStadt“ breitflächig erprobt und aufgesetzt. Erkennbar und nachweisbar war hierbei, dass der Erfolg im gemeinsamen Wirken vieler Beteiligter begründet liegt. Gleiches gilt für das Sozialunternehmen Phineo – dem gemeinnützigen Analyse- und Beratungsunternehmen für wirkungsvolles Engagement – und die „Weisse Liste“ – dem Wegweiser im Gesundheitssystem –, die vor mehr als zehn Jahren als gemeinsame Idee der Bertelsmann Stiftung und der größten Patienten- und Verbraucherorganisationen entstanden ist.  

 

Die Ziele der neuen Bundesregierung bieten mit Blick auf Innovation und Beteiligung vielversprechende Anknüpfungspunkte. Die im Koalitionsvertrag vorgesehene Deutsche Agentur für Transfer und Innovation (DATI) sollte als starker, agiler und unabhängiger „Change Agent“ im Innovationssystem etabliert werden – im Zusammenspiel mit „Sprin-D“. Denn internationale Good-Practices zeigen, dass Innovationsagenturen wie Vinnova (Schweden) oder UKRI und Nesta (Großbritannien) ein wichtiger Erfolgsfaktor bei der Erarbeitung, Koordination und Umsetzung von missionsorientierten Innovationspolitiken sind. Diese „Change Agents“ bündeln Expertise, orchestrieren Innovationsprozesse, schaffen Experimentierräume und vermitteln zwischen verschiedenen Sektoren und Handlungsebenen. Nicht zuletzt, um so auch die Zivilgesellschaft und ihre Lösungskompetenz viel stärker am Innovationsgeschehen zu beteiligen. Auch regionale und überregionale Innovationsökosysteme könnten hierbei durch eine bessere sektorübergreifende Vernetzung von Universitäten, Unternehmen, Startups, sozialen und öffentlichen Organisationen mit Hilfe von DATI gestärkt werden. Dadurch können Innovationen entscheidend zur Bewältigung der großen gesellschaftlichen Herausforderungen und zur Nachhaltigkeitstransformation beitragen. 

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